Jeder Wintersportler weiß, dass Skifahren – wie jeder Sport – Risiken birgt. Eines davon ist die Lawinengefahr. Auch wenn im Vergleich zu früher weniger Menschen in Lawinen geraten, können die weißen Schneemassen immer schnell lebensbedrohlich werden. Die größte Gefahr bei Lawinen ist daher, sie zu unterschätzen und nicht entsprechend vorbereitet zu sein. Wie Wintersportler das am besten umsetzen und welche Ausrüstung im Ernstfall gebraucht wird, erklärt SnowTrex.
Kleine Lawinenkunde: Was sind Lawinen und wie entstehen sie?
Eine Lawine ist eine Masse aus Schnee und Eis, die in hohem Tempo einen Berg „herunterrollt“. Sie kann für Menschen und Tiere lebensbedrohlich sein.
Lawinen entstehen, wenn der Unterschied zwischen der Temperatur in der Luft und der Temperatur am Boden sehr hoch ist. Das löst die Kristalle im Schnee auf und sorgt dafür, dass die Schneeflocken zu einer großen instabilen Masse verschmelzen. Unter diesen Voraussetzungen können selbst kleine Bewegungen in der Schneedecke dafür sorgen, dass sich die Schneemassen lösen und mit hoher Geschwindigkeit sowie mit sehr viel Kraft den Berg herunterrollen.
Zu Lawinen kursieren, wie zu vielen anderen Alltagsthemen, immer wieder einige Mythen und Irrtümer. Warum mit Schnee unter bestimmten Umständen nicht zu spaßen ist, wird im folgenden Video erklärt:
Lawinenarten
Es gibt grundsätzlich fünf verschiedene Arten von Lawinen, wobei die meisten Schneeabgänge oft eine Mischform sind:
Schneebrettlawine
Schneebrettlawinen sind überwiegend 50 m breit, zwischen 150 m bis 200 m lang und bis zu 100 km/h schnell. Dadurch führen sie größere Schneemassen mit sich, da ein Großteil der Schneedecke am Hang ins Rutschen gerät. In der Regel werden diese Lawinen von Wintersportlern selbst ausgelöst.
Staublawine
Diese wird häufig ausgelöst, wenn viel Neuschnee fällt und sich die Lawinengefahr dadurch deutlich erhöht, insbesondere an Hängen mit einer Neigung von über 40 Grad. Hier bildet sich durch den lockeren Schnee und den hohen Luftanteil im Neuschnee eine große Druckwelle aus Schnee und Luft. Staublawinen können mit bis zu 300 km/h zu Tal rasen.
Lockerschneelawine
Sie entstehen an einem Punkt, an dem der Schnee sehr locker ist. Sie haben im Vergleich zu Schneebrettlawinen (siehe oben) weniger Schneemasse und damit auch eine geringere Endgeschwindigkeit. Diese Lawinen gehen meist kurz nach ausgiebigen Schneefällen oder bei höheren Außentemperaturen ab.
Gleitschneelawine
Bei einer Gleitschneelawine löst sich die gesamte Schneedecke auf einmal vom größtenteils felsigen Untergrund am Berg. Dadurch hat sie ein hohes Eigengewicht und baut so auch auf kurzen Strecken einen großen Druck auf. Diese Lawinen entstehen, wenn es im Herbst nicht kalt genug ist und der erste Schnee hier auf ungefrorenen Boden fällt. Durch die isolierende Eigenschaft des Schnees bleibt der Untergrund warm. Zwischen Schnee und Fels bildet sich dann ein Wasserfilm, auf dem die Schneemassen, wenn sie zu schwer werden, leicht ins Tal abrutschen können.
Fließlawine
Die Fließlawine, auch Nassschneelawine genannt, entsteht spontan und wird vornehmlich durch das Schmelzen der Schneedecke bei höheren Temperaturen oder durch Regenfälle, wodurch der Schnee zu viel Wasser aufnimmt, ausgelöst. Sie ist daher gerade im Frühjahr eine akute Gefahr.
Auslöser von Lawinen
Das Entstehen einer Lawine wird durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst. Dazu gehören unter anderem die Temperatur, der Wind, die Art des Geländes, die Schneemenge und die Beschaffenheit der Schneeschicht. Warum Lawinen am Ende abgehen, dafür sind entweder natürliche Ursachen oder auch sogenannte Außeneinflüsse verantwortlich.
Zu den häufigsten natürlichen Ursachen gehört locker aufliegender Neuschnee. Dieser erhöht die Rutschgefahr des Schnees und damit auch die Lawinengefahr, die etwa durch viel Wind weiter gesteigert werden kann.
Auch hohe Temperaturen, die den Schnee zum Schmelzen bringen, können Lawinen auslösen. Daher ist die Lawinengefahr in den Bergen gerade im Frühling sehr hoch. Ansonsten begünstigen auch steile Berge mit Neigungen ab 30 Prozent Lawinen, da die Schneemassen dort nicht von flachen Ebenen gebremst werden.
Außeneinflüsse
Die meisten Lawinen werden jedoch nicht durch natürliche Ursachen, sondern zu 90 % durch externe Faktoren ausgelöst. Damit sind neben kontrollierten und vorbeugenden Lawinensprengungen hauptsächlich Tiere und Menschen gemeint, die durch ihre Bewegungen am Berg die Schneemassen erst in Bewegung bringen.
Gerade das Freeriden außerhalb präparierter Pisten sorgt dafür, dass sich immer mehr Wintersportler in potenziellen Lawinengefahrgebieten aufhalten. In der Schweiz verunglücken so zum Beispiel im Schnitt sechs Wintersportler pro Jahr in Off-Piste-Arealen, weil sie dort trotz Lawinenwarnung ins Gelände gehen.
Bester Schutz gegen Lawinen: Gute Vorbereitung & Respekt vor Gebietssperrungen
Wer nicht plant, abseits der präparierten Abfahrten im Gelände zu fahren, muss sich keine Sorgen machen: Diese Pisten werden vor Lawinen gesichert und sind bei möglicher Lawinengefahr ohnehin gesperrt. Doch diejenigen, die es abseits der Pistenmarkierungen zieht, sollten immer mit dem nötigen Respekt vor den potenziellen Gefahren auf die Piste gehen und sich adäquat vorbereiten.
Denn wenn eine Lawine im Gelände rollt, passiert dies in einem atemberaubenden Tempo. Lawinen können, je nach Situation, Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h erreichen. Hier haben Wintersportler sehr wenig Zeit, nachzudenken. Stattdessen müssen sie sofort reagieren. Wer also Off-Piste fahren möchte, sollte das richtige Verhalten in speziellen Lawinenvorbereitungskursen trainieren. Auch wenn ein Schneefan jedes Jahr im Gelände fährt, schadet es nicht, die Kursinhalte regelmäßig aufzufrischen.
Eine gute Vorbereitung ist der beste Schutz, wenn Skifahrer im Tiefschnee unterwegs sind. Dazu gehören neben dem Lawinenvorbereitungskurs die passende Ausrüstung und das Prüfen des Wetter- und Lawinenlageberichts, bevor man ins freie Skigebiet geht. Das ist nicht nur deshalb wichtig, weil die korrekte Ausrüstung und das richtige Verhalten bei Lawinen Leben retten können, sondern vor allem, weil Wintersportler sich so beim Fahren abseits der präparierten Pisten gar nicht erst unnötig in Gefahr begeben. Der Deutsche Alpenverein bietet eine gute Übersicht zu Lawinenlageberichten für sämtliche alpine Skigebiete.
Der Lawinenlagebericht enthält wichtige Informationen
Der Lawinenlagebericht enthält wichtige Informationen, nicht nur, aber vor allem für die Wintersportler, die es in nicht kontrollierte Tiefschneeareale zieht. Dazu gehören unter anderem die aktuellen Gefahrenstufen entsprechend der europäischen Lawinengefahrenskala des „European Avalanche Warning Service“ (EAWS).
Gefahrenstufe | Schneedeckenstabilität | Lawinen-Auslösewahrscheinlichkeit |
---|---|---|
sehr groß/rot | Die Schneedecke ist allgemein schwach verfestigt und weitgehend instabil. | Spontan sind viele sehr große, mehrfach auch extrem große Lawinen zu erwarten, auch in mäßig steilem Gelände. |
groß/rot | Die Schneedecke ist an den meisten Steilhängen schwach verfestigt. | Lawinenauslösung ist bereits bei geringer Zusatzbelastung an zahlreichen Steilhängen wahrscheinlich. Fallweise sind spontan viele große, mehrfach auch sehr große Lawinen zu erwarten. |
erheblich/orange | Die Schneedecke ist an vielen Steilhängen nur mäßig bis schwach verfestigt | Lawinenauslösung ist bereits bei geringer Zusatzbelastung vor allem an den angegebenen Steilhängen möglich. Fallweise sind spontan einige große, vereinzelt aber auch sehr große Lawinen möglich. |
mäßig/gelb | Die Schneedecke ist an einigen Steilhängen nur mäßig verfestigt, ansonsten allgemein gut verfestigt. | Lawinenauslösung ist insbesondere bei großer Zusatzbelastung, vor allem an den angegebenen Steilhängen möglich. Sehr große spontane Lawinen sind nicht zu erwarten. |
gering/grün | Die Schneedecke ist allgemein gut verfestigt und stabil. | Lawinenauslösung ist allgemein nur bei großer Zusatzbelastung an vereinzelten Stellen im extremen Steilgelände möglich. Spontan sind nur kleine und mittlere Lawinen möglich. |
Erklärung: Der EAWS hat Steilhänge in drei Stufen eingeteilt: mäßig steiles Gelände (Hänge flacher als 30 Grad Gefälle), Steilhänge (Hänge steiler als 30 Grad Gefälle) und extremes Steilgelände (Hänge steiler als 40 Grad Gefälle). Bei der Zusatzbelastung unterscheidet der EAWS in gering (etwa das Gewicht eines einzelnen Skifahrers/Snowboarders) und groß (etwa das Gewicht von mehreren Skifahrern/Snowboardern oder das eines Pistenfahrzeugs).
Diese Stufen sollten Skifahrer und Snowboarder nicht leichtsinnig beurteilen. Die Hälfte aller tödlichen Lawinenunfälle erfolgt bei der Gefahrenstufe 3, weil viele Wintersportler sich trotz erhöhter Gefahr in nicht kontrolliertes Gelände wagen und das Risiko unterschätzen.
Neben der Lawinengefahrenskala enthält der Lawinenlagebericht auch Informationen zur Art und Stabilität der Schneedecke, zum aktuellen Wetterbericht sowie zu Gefahrenstellen, die man meiden sollte. Auf jeden Fall sollte sich auch jeder darüber im Klaren sein, dass dieser Bericht keine Sicherheitsgarantie ist. Er stellt lediglich eine Prognose dar, denn auf den Bergen kann es schnelle und spontane Wetterumschwünge geben. Auf den präparierten Pisten achten die Skiliftbetreiber darauf, dass niemand bei gefährlicher Witterung fährt und weisen entsprechend darauf hin oder schließen sogar die Anlage. Off-Piste jedoch sind Wintersportler selbst für ihre eigene Sicherheit verantwortlich.
Die Lawinen-Notfallausrüstung für Off-Piste-Fahrer
Genau deshalb ist es wichtig, als Off-Piste-Fahrer die richtige Ausrüstung dabei zu haben. Dazu gehört zum einen eine funktionierende Skiausrüstung, die den aktuellen Standards entsprechen sollte, sowie eine spezielle Lawinen-Notfallausrüstung.
Die Notfallausrüstung beinhaltet das Lawinenverschüttetengerät (LVS-Gerät) für die grobe Ortung, eine Sonde zur genauen Ortung von Verschütteten sowie eine Lawinenschaufel aus Carbon, um Verschüttete auszugraben. Daneben kann ein Lawinenrucksack mit einem Airbag lebensrettend sein, da ein Skifahrer damit durch das zusätzliche Volumen nicht so schnell von den rollenden Schneemassen begraben werden kann.
Manche Wintersportler nehmen auch einen Lawinenball mit ins Gelände. Dieser markiert die Stelle, an der sie in die Lawine eingesunken sind und macht es so für Helfer einfacher, Lawinenopfer zu finden. Des Weiteren gibt es eine Atmungshilfe für Verschüttete, das sogenannte Avalung.
Die Ausrüstung sollte vor der Abfahrt immer auf ihre Funktionsfähigkeit hin geprüft werden. Außerdem muss jeder Skifahrer wissen, wie sie zu bedienen ist.
Warum eine Lawine so gefährlich ist
Bereits an der Ausrüstung können Wintersportler erkennen, was neben dem hohen Verletzungsrisiko die beiden größten Gefahren bei einem Lawinenunfall sind: Ersticken und Erfrieren.
Denn wenn eine Person von einer Lawine erfasst wird, legt sich der Schnee über Mund und Nase, sodass sie keine Luft mehr bekommt. Ansonsten sorgt die schiere Schneemasse dafür, dass man sich nicht mehr bewegen kann. Selbst wenn der Betroffene noch nicht völlig begraben ist, kann das schnell zu Unterkühlung und schließlich zum Erfrieren führen.
Deshalb ist es auch so wichtig, Verschüttete so schnell wie möglich zu finden. Sobald eine Person von einer Lawine erfasst wurde, zählt jede Sekunde. Bleibt jemand länger als 15 Minuten verschüttet, wird es sehr kritisch. Bei teilweise verschütteten Personen wird es aufgrund der starken Unterkühlung ab 30 Minuten gefährlich.
Allein sollten Wintersportler deswegen nie ins Gelände fahren – wer hier verschüttet wird und ohne Begleitung ist, hat praktisch keine Chance. Kleine Gruppen, im Idealfall sogar geführt von einem Bergführer, sind daher Grundbedingung für das Skifahren im Gelände. Dabei ist wichtig, dass die Gruppenmitglieder einen angemessenen Abstand zueinander halten. So werden im Falle einer Lawine nicht alle (gleichzeitig) erfasst.
Das richtige Verhalten bei einer Lawine
Sollten Skifahrer oder Snowboarder dennoch in eine Lawine geraten, kann das richtige Verhalten Leben retten.
1) Vor der Lawine
Das richtige Verhalten beginnt bereits dann, wenn die Lawine ins Rollen gerät. Idealerweise fährt der Wintersportler dann so schnell wie möglich ins Tal. Das funktioniert jedoch nur, wenn er sich nicht weit im Gelände befindet, schnell genug agiert und ein hervorragender Skifahrer ist. Tatsächlich ist dies in den meisten Fällen nicht möglich.
Wer sich nicht ins Tal retten kann, versucht deshalb zunächst, der Lawine seitlich auszuweichen. Ist ein Erfassen durch die Lawine unausweichlich, sollte man so schnell wie möglich seine Skistöcke sowie alles, was behindern oder verletzen könnte, weit von sich werfen. Dazu gilt es in dieser Situation, solange es geht, gerade auf den Ski oder dem Snowboard halten und zur Seite fahren. So wird die Person nicht frontal mit dem gesamten Gewicht von der Schneemasse erwischt.
2) In der Lawine
Wer einen Airbag-Rucksack hat, sollte diesen direkt öffnen, sobald er eine Gefahr durch eine Lawine festgestellt hat. Hier gilt: lieber einmal zu viel als einmal zu wenig. Danach ist es essenziell, sich möglichst an der Oberfläche zu halten. So hat der Verschüttete die besten Chancen, nicht zu ersticken und schneller ausgegraben zu werden. Sobald die Lawine im Tempo nachlässt, geht der Betroffene in die Hocke und bildet mit beiden Händen einen Luftschutz um Mund und Nase. So wird vermieden, dass der Schnee in die Atemwege gerät und sichert sich den Zugang zum Sauerstoff.
3) Nach der Lawine
Wer im kalten Weiß der Lawine die Orientierung verliert, sollte in den Schnee spucken. Die Schwerkraft zieht die Flüssigkeit nach unten, damit können sich Verschüttete etwas einfacher orientieren. Besser ist es aber, Kräfte zu schonen, da jede Anstrengung kostbaren Sauerstoff verbraucht. Das gilt allerdings nicht, wenn die Person Rettungskräfte über sich hört. Hier raten Experten, sich durch lautes Schreien bemerkbar zu machen, um schnellstmöglich ausgegraben zu werden.
So helfen Wintersportler anderen bei einem Lawinenunglück
Wenn Wintersportler nicht selbst verschüttet werden, sondern jemand aus der Gruppe, ist es wichtig, schnell, aber auch ruhig zu handeln – denn die Zeit für Lawinenopfer ist knapp. Sofern man selbst in Sicherheit ist, sollte nicht auf Rettungsdienste gewartet, sondern selbst eingreifen werden.
1) Lage einordnen
Als Erstes beobachtet und bewerten die Begleiter die Lage und versuchen so schnell wie möglich herauszufinden, wo der Verschüttete liegt. Dann wird sowohl die Stelle markiert, an der die Person von der Lawine erfasst wurde, als auch die Stelle, an der sie verschwunden ist. Das erleichtert die genaue Ortung und die Ausgrabung. Bei der Rettung sollte immer auch auf die eigene Sicherheit geachtet werden. Retter müssen sich und die Verschütteten vor Folgelawinen schützen. Daher sollten Wintersportler genau überlegen, was der beste und sicherste Fluchtweg nach der Bergung ist.
In einer Gruppe übernimmt die erfahrenste Person das Kommando, um so ruhig und organisiert, aber auch so schnell wie möglich helfen zu können. Dazu gehört das Sammeln von Informationen:
- Wie viele Mitglieder der Gruppe sind verschüttet?
- Was für ein Lawinentyp war es?
- Wie kann man Hilfe rufen?
All das muss natürlich innerhalb kürzester Zeit ablaufen, weshalb der Routinierteste der Gruppe die Koordination übernehmen sollte.
2) Ortung einleiten
Sind die äußeren Umstände geklärt, wird das LVS-Gerät für die Grobortung aktiviert. Das Gerät muss dafür in den Empfangsmodus gestellt werden. Für den besten Empfang wird es waagerecht gehalten und die größte Reichweite eingestellt. Dann folgen die Suchenden den Signalen, die am lautesten sind. Es empfiehlt sich, Smartphones und Handys auszuschalten, um das Funksignal nicht zu stören. Für die Feinortung wird schließlich die Sonde genutzt. Falls niemand in der Gruppe ein Ortungsgerät dabei hat, sollte umgehend per Handy die Bergrettung alarmiert werden, und zwar noch während gesucht wird. Wer die Nummer nicht eingespeichert hat, kann im europäischen Alpenraum die 112 wählen, dann wird man in allen Ländern automatisch mit dem Notdienst verbunden. Mit etwas Glück können die Begleiter auch die verschüttete Person anrufen und sich am Klingeln orientieren.
3) Die Ausgrabung
Sobald der Verschüttete gefunden wurde, beginnt die Ausgrabung. Die Schaufeln sollten dabei nicht von oben, sondern seitlich geführt werden, damit nicht weitere Schneemassen auf die Person geschippt werden. Dann gilt es, sofort die Atmung der Person zu garantieren. Dazu räumt der Ersthelfer Nase und Mund vom Schnee frei und schützt das Gesicht gegebenenfalls vor weiterem Schneefall. Danach folgt die Prüfung von Puls, Atmung und Bewusstsein und bei Bedarf werden entsprechende Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleitet, wie etwa eine Mund-zu-Mund-Beatmung.
4) Wärmezufuhr sichern
Ist der Verschüttete so weit von Schnee befreit, geht es darum, die Wärmezufuhr zu sichern. In einer Lawine sinkt die Körpertemperatur im Schnitt um drei Grad pro Stunde. Sobald jemand ausgegraben ist, sinkt die Temperatur sogar um sechs Grad pro Stunde.
Wichtig ist ebenfalls, dass die Person sich bei Unterkühlung nicht aus eigener Kraft bewegt, da sie sonst den Bergungstod riskiert. Dieser tritt dann ein, wenn das Blut aus den kälteren Extremitäten in die wärmere Körpermitte, also zum Herz hin, fließt. Das senkt die gesamte Körpertemperatur und führt im schlimmsten Fall zu einem Herzinfarkt.
5) In Sicherheit bringen
Ist der Verschüttete stabil, sollte er so schnell wie möglich in Sicherheit gebracht werden. Das kann das Tal, die nächste Berghütte oder am besten ein Krankenhaus sein.
Wie die Bergwacht nach einem Lawinenabgang vorgeht und was ihre Mitarbeiter dabei zu beachten haben, erklären die Bergretter in diesem Video:
Vorsicht hat oberste Priorität
Dieses Sicherheitsprotokoll für den Fall eines Lawinenabgangs, sowohl wenn man selbst verschüttet wurde als auch zur Rettung anderer, kann Leben retten. Dennoch bedeutet es nicht, dass Wintersportler sich dadurch in falscher Sicherheit wiegen oder leichtsinnig in Gefahrengebiete begeben sollten. Lawinen bedeuten – auch bei nur teilweiser Verschüttung – immer Lebensgefahr.
In Deutschland gab der Deutsche Alpenverein in seiner jährlichen Unfallstatistik an, dass die Nothelfer in der Saison 2020/21 insgesamt 669 Mal zur Rettung am Berg ausrücken mussten. Von den leider insgesamt 32 tödlichen Unfälle wurden 2 % durch Lawinen verursacht. Es starb also eine Person in den Schneemassen.
Parallel registrierte die Alpinpolizei in Österreich im gesamten Jahr 2021 genau 130 Lawinenunfälle. 18 Menschen überlebten sie nicht. Damit gehen etwa 6 Prozent der Todesfälle im Bergsport in der Alpenrepublik auf Lawinenabgänge zurück. Und in der Schweiz starben in der Saison 2020/21 sogar 32 Menschen durch Lawinen. Im gesamten Wintersport-Bereich verloren in diesem Zeitraum insgesamt 131 Menschen ihr Leben. Damit liegt der Anteil von Lawinentoten in der Eidgenossenschaft bei über 24 Prozent.
Auch wenn dies in absoluten Zahlen insgesamt nicht viel wirkt und Schneefans keine Panik vor dem Wintersport haben müssen, ist es wichtig, die Lawinengefahr ernst zu nehmen. Denn Studien zeigen: Es ist hauptsächlich das zu riskante Verhalten der Wintersportler, das zu Unfällen führt.
Wer Ski außerhalb präparierter Pisten fährt, ist auch stets potenziellen Naturgefahren ausgesetzt. Eine der größten Gefahren sind dabei aber eben Lawinen. Denn wer außerhalb der markierten, geschützten und kontrollierten Pisten im Skigebiet fährt, muss bedenken: Lawinengefahr bedeutet immer Lebensgefahr.
Das sollte zwar niemanden vom Off-Piste-Fahren abhalten, dennoch sollten Wintersportler mit dem nötigen Respekt vor Lawinen in den Tiefschnee gehen. Dazu gehören stets eine gute Vorbereitung, eine funktionierende Sicherheitsausrüstung sowie ein Lawinensicherheitstraining und vor allem ein hohes Risikobewusstsein. Denn am sichersten fahren die Wintersportler, die Lawinengefahren vermeiden.
FAQs zu Lawinen
Was sind Lawinen?
Eine Lawine ist eine Masse aus Schnee und Eis, die einen steilen Berg herunterrollt. Da sich an der Spitze der Lawinen fast schon eine Wand aus Schnee bildet, werden sie auch als „weiße Gefahr“ bezeichnet.
Wie entstehen Lawinen?
Lawinen entstehen, wenn der Schnee nicht fest am Boden klebt, sondern zu einer instabilen Schicht wird. Sie werden durch unterschiedliche natürliche Faktoren wie die Temperatur, den Wind oder die Art des Schnees ausgelöst. Lawinen werden zu 90 % durch äußere Einflüsse wie Tiere und Menschen ausgelöst.
Warum sind Lawinen so gefährlich?
Lawinen entwickeln ein enormes Tempo (bis zu 300 km/h), sodass Skifahrer und Snowboarder keine Zeit haben zu reagieren. Sie erfassen Menschen innerhalb von Sekunden und die Schneemassen können neben Verletzungen hauptsächlich zu Erstickungen und Erfrierungen führen.
Was gehört zur Notfallausrüstung?
Die Standard-Lawinen-Notfallausrüstung besteht aus einem LVS-Gerät, einer Sonde und einer leichten, aber extrem stabilen Schaufel aus Carbon. Auch Airbag-Rucksäcke oder Lawinenbälle können als Teil der Sicherheitsausrüstung hilfreich sein.
Warum sollten Wintersportler einen Lawinenkurs machen?
Im Falle eines Lawinenabgangs geht es um die schnelle Rettung von Personen. Hier können schon Sekunden entscheidend sein. Wer in einem Lawinenkurs gelernt hat, wie er zu handeln hat, agiert schneller, ruhiger und sicherer und kann so anderen das Leben retten. Es empfiehlt sich, das Wissen aus diesen Kursen regelmäßig aufzufrischen.
Was ist das Wichtigste, wenn ein Skifahrer von einer Lawine erwischt wird?
Je tiefer eine Person unter dem Schnee begraben ist, desto schwieriger bekommt sie Luft und desto länger dauert die Bergung. Deswegen ist die oberste Priorität, sich so gut es geht an der Oberfläche zu halten.
Wie kann ich in einer Lawine Luft bekommen?
Es empfiehlt sich, mit beiden Händen einen Trichter vor Mund und Nase zu bilden, um so mehr Luft zu bekommen. So gelangt hier auch kein Schnee in diesen lebenswichtigen Bereich. Wer verschüttet ist, sollte so ruhig wie möglich bleiben und keine großen Anstrengungen vollziehen, da der Körper dadurch wertvollen Sauerstoff verbraucht und so an Kraft verliert.
Wie können Augenzeugen helfen, wenn jemand von einer Lawine verschüttet wurde?
Helfer sollten stets Ruhe bewahren, die Bergrettung alarmieren und in erster Linie den Verschütteten orten. Dazu helfen eine möglichst genaue Beobachtung sowie die Ortungsgeräte der Sicherheitsausrüstung. Danach wird der Verschüttete ausgegraben, die Vitalfunktionen werden überprüft und die Person wird warm gehalten, bevor die Ersthelfer sie so schnell wie möglich in Sicherheit bringen.